Marius Müller-Westernhagen, der Held meiner Jugend. Ihm habe ich meines erstes Konzerterlebnis geschenkt – damals, ’91 in der Weser-Ems-Halle Oldenburg, als wir mitten im September „Stille Nacht“ gesungen haben. Wozu man so eine hörige Masse doch alles bewegen kann. Ihm habe ich mein Taschengeld geopfert und bin heute stolze Besitzerin diverser CDs.
Was passierte dann? Wir wurden beide älter. Seine Musik hat sich weiterentwickelt, mein Geschmack leider kaum. Und so kam es, wie es kommen musste: Radio Maria war meine letzte Platte, die ich gekauft habe. Allerdings war ich auch bei der zugehörigen Tournee, unser Abschiedskonzert sozusagen. Und hätte Marius sich in der Folge nicht zunehmend als vergeistigter Künstler in der Öffentlichkeit geriert, er wäre heute noch mein Held. Ist er aber leider nicht mehr. Scheilo the fan ist irgendwo zwischen „Oh Margarethe, gib mir die Knete“ und „Wenn Du nach Streit suchst, dann bist Du hier richtig“ verloren gegangen.
Jetzt neulich im Radio. Die Neuauflage von „Freiheit“. Gehörte nie zu meinen Lieblingsliedern, ist aber ohne Frage ein großes Werk der Zeitgeschichte. Ich weiß nicht, was Marius geritten hat, dem sogenannten Rapper Curse diesen Song anzuvertrauen und dann auch noch selber mit ihm ins Studio zu gehen und die markantesten Stellen neu einzusingen!
Der Mann am Sprech“gesang“ kennt kein Versmaß, keinen Reim, keinen Rhythmus und spricht mit einem undefinierbaren Akzent. „Freiheit muss man ausatmen“ – okay, das hat noch was, wenn man es denn auch richtig verstehen würde. Ansonsten reiht sich Allgemeinplatz an Allgemeinplatz. Kostprobe: „Freiheit, das bedeutet auch, dass meine Freiheit da endet, wo die eines anderen beginnt.“ Besten Dank, Staatsrecht 1. Semester. Wer es schafft, dieses Zitat rhythmisch im 4/4Takt zu sprechen, gewinnt einen Gummipunkt. Der Interpret jedenfalls kann es nicht.
Was wurde nur aus „Ich würd mich für Dich erhängen, und ich würd vom Hochhaus springen“? Will Marius jetzt wirklich „zurück auf die Straße; will wieder singen, nicht schön, sondern geil und laut“? Das würde ich eigentlich sehr begrüßen, doch steht bei diesem „Werk“ der Aspekt „nicht schön“ leider viel zu sehr im Vordergrund.
Die Scheil